Afrika: Auf dem Weg zur nachhaltigen Industrialisierung

New York/Salzburg. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat am 25. Juli 2016 die Resolution über die ‘Dritte Industrielle Entwicklungsdekade für Afrika’ verabschiedet. Im Mittelpunkt der bis zum Jahr 2025 anberaumten Strategie steht die nachhaltige Industrialisierung als Schlüssel für wirtschaftliche Diversifizierung, lokale Wertschöpfung, neue Arbeitsplätze und Reduzierung der Armut.

Die UN-Generalversammlung hat Einrichtungen wie die Kommission der Afrikanischen Union (AU), die Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (NEPAD) und die Wirtschaftskommission für Afrika dazu aufgerufen, das Programm zu entwickeln und umzusetzen. Eine zentrale Rolle soll dabei der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) mit Hauptsitz in Wien zukommen: Die Versammlung ermutigte UNIDO-Generaldirektor Li Yong dazu, ausreichend Mittel für die Umsetzung der Dekade zu mobilisieren.

In einem Interview mit der Nachrichtenagentur IPS hatte Li Yong kürzlich erklärt, dass eine nachhaltige Industrialisierung für afrikanische Staatschefs hohe Priorität genieße. Anfang 2015 hatten die AU-Mitgliedsstaaten die Agenda 2063: The Africa We Want verabschiedet, die u. a. eine Umstellung der Wirtschaftssysteme von reinen Rohstoffexporten auf lokale Produktion und Wertschöpfung vorsieht.

Der Schwerpunkt soll dabei auf der Veredelung von primären Rohstoffen liegen, die bereits produziert werden. So könnte eine weiterverarbeitende Industrie die Landwirtwirtschaft in Kenia oder Senegal stärken, Mehrwert für die Mineralienabbau in Botswana schaffen oder die Lederproduktion in Äthiopien unterstützen.

Staaten müssen zunächst “Hausaufgaben erledigen”

Für den Aufbau einer eigenen nachhaltigen Industrie sind aber ausländische Investitionen notwendig. Li Yong weist darauf hin, dass afrikanische Länder dafür zunächst “ihre Hausaufgaben erledigen müssen.” Dazu gehört die Schaffung der notwendigen wirtschaftlichen Infrastruktur, wie z. B. die Errichtung von Industrieparks. Li verweist auf erfolgreiche Beispiele aus Äthiopien und Senegal, wo die jeweiligen Regierungen Millionen in den Bau von Industrieparks investiert haben, um ausländische Investoren anzuziehen. Heute würden diese Industrieparks Arbeitsplätze schaffen und Exporterlöse erzielen.

Nichtsdestotrotz zählen aber Äthiopien und Senegal immer noch zur Gruppe jener Länder mit den niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt (Low Income Countries, LIC). Zu dieser Gruppe, in denen das jährliche Pro-Kopf-Einkommen maximal 1.025 US-Dollar beträgt, gehören weltweit 31 Staaten – davon 27 in Afrika.

Diese Volkswirtschaften stützen sich meistens auf eine Handvoll primärer Rohstoffe für den Export, wie Gold, Öl, Kohle und Kaffee. Eine nachhaltige Industrialisierung könnte für lokale Wertschöpfung und für menschenwürdige Arbeitsplätze sorgen. Dadurch würden die Voraussetzungen geschaffen, dass die Volkswirtschaften zu den Ländern mit mittlerem Einkommen (Middle Income Countries, MIC) aufschließen können.

Demografische Entwicklung als Wettbewerbsvorteil

Li Yong ortet in Afrika einen entscheidenden Vorteil im Vergleich zu anderen Wirtschaftsregionen. Während die Bevölkerung in den entwickelten Ländern der Welt zu altern beginnt, gilt Afrika als der Kontinent der Jugend. Der UNIDO-Generaldirektor beurteilt diesen demografischen Bonus wie folgt: “Es gibt einige Anzeichen dafür, dass Afrika aufgrund seiner jungen und wachsenden Bevölkerung das Potenzial hat, die nächste Region zu werden, die von der Industrialisierung profitieren kann.” Vor allem in der arbeitsintensiven Produktion ortet Li Yong große Chancen.

Die Zunahme der Beschäftigung von jungen Menschen würde auch positive Aspekte für Themen wie Migration und Ungleichheit bedeuten, bemerkte Li Yong. “Industrie bedeutet die Schaffung von Arbeitsplätzen und Einkommen”, so der UNIDO-Generaldirektor. “Arbeitsplätze in der Industrie können teilweise auch den Druck auf die Migration reduzieren und ihre Ursachen beheben.”

Der Entwurf für die Resolution Third Industrial Development Decade for Africa (2016-2025) ist auf der UNIDO-Website als PDF abrufbar. Die ‘Erste Industrielle Entwicklungsdekade für Afrika’ bezieht sich auf die Jahre von 1980 bis 1989 statt, die zweite auf den Zeitraum von 1993 bis 2002.

Lyndal Rowlands