Somalia: Bargeld hilft gegen Hungersnot

New York (IPS/afr). Das Büro für die Koordination von humanitären Angelegenheiten der Vereinten Nationen (OCHA) ging in der Bewältigung der Hungersnot in Somalia neue Wege: Statt Hilfspaketen wurden Bargeldgutscheine verteilt. Damit konnten Familien Waren kaufen, die ihrem tatsächlichen Bedarf entsprachen.
In den Jahren von 2010 bis 2012 hat die Hungersnot am Horn von Afrika in Somalia eine Viertelmillion Menschenleben gefordert. Aus den Erfahrungen eines Pilotprojekts mit Bargeldgutscheinen hat die internationale Hilfsgemeinschaft wichtige Lehren gezogen, die zu einem wichtigen Baustein bei Bekämpfung der heurigen Hungersnot wurden.

Anfang des Jahres hatte der ausbleibende Regen in Somalia zu Ernteausfällen und zu einem drastischen Anstieg der Unterernährung geführt. Die Hälfte der Bevölkerung – nahezu 6,7 Millionen Menschen – war von der Krise betroffen.

Nachdem die somalische Regierung im Februar 2017 bei den Vereinten Nationen Alarm geschlagen hatte, entschied sich OCHA zum Einsatz der neuen Bargeldstrategie. Rückgrat des Einsatzplans bildete das starke Netz von Geldhändlern in Somalia, das mit dem Notfallteam kooperierte. Gemeinsam gelang es, rasch und effizient die Verteilung von Bargeldgutscheinen zu bewerkstelligen.

Erfolgreiche Wertkarte

Der OCHA-Mitarbeiter Jordi Casafont Torra erklärt, dass viele unterschiedliche Wege genutzt wurden, damit die Betroffenen zu den benötigten Waren kamen. Als beliebtestes Instrument kristallisierte sich ein elektronischer Gutschein namens SCOPE heraus. Die Wertkarte, die vom World Food Programme (WFP) finanziert wurde, konnte in allen lokalen Geschäften verwendet werden.

Andere Gutscheine waren einem spezifischen Verwendungszweck gewidmet, wie z. B. dem Erwerb von Wasser. Weiters gab es Gutscheine, die Menschen zum Aufbau der lokalen Infrastruktur motivieren sollten. Diese wurden im Gegenzug zu bestimmten Arbeitsleistungen ausgegeben.

Die Aktion erwies sich als großer Erfolg: Innerhalb eines Monats haben 1,4 Millionen Menschen die Gefährdung durch Unterernährung überwunden. Im Mai stieg diese Anzahl sogar auf drei Millionen.

Erwerb von Nahrungsmitteln im Vordergrund

“Bargeld ermöglicht den Betroffenen, aus dem Angebot lokaler Geschäfte zu wählen und dort zu kaufen”, erzählt Torra. “Das hat einen doppelten Effekt: Damit werden sowohl die betroffenen Menschen als auch die lokale Wirtschaft unterstützt.”

Eine große Rolle spielte auch der Zahlungsverkehr via Handy. In Somalia nutzen laut einer Weltbank-Studie 73 Prozent der Bevölkerung mobile Bezahldienste. Im Unterschied dazu haben nur 15 Prozent ein Bankkonto. Das Notfall-Team verteilte SIM-Karten, die bereits mit Geldbeträgen aufgeladen waren. Im Juli nutzten über eine Million Menschen ihr Handy als mobile Geldbörse, um Waren zu kaufen.

Der durchschnittliche Geldbetrag wurde durch einen Warenkorb aus Mindestausgaben errechnet. Im Juli wurden jedem betroffenen Haushalt 89 Dollar zur Verfügung gestellt. Eine Begleituntersuchung durch ein vom britischen Department for International Development (DFID) finanzierten Call Center in Mogadischu ergab, dass etwa 75 Prozent des Geldes für Nahrungsmittel verwendet wurde. Der Rest wurde zumeist für den Kauf von Haushaltsgegenständen ausgegeben. Manche nutzen den Betrag aber auch, um kleine Kredite abzuzahlen. (Ende)

Roshni Majumdar