Uganda: Harte Zeiten für die Zivilgesellschaft

Kampala. Knapp drei Wochen nach dem Wahlsieg von Yoweri Museveni macht sich in der Zivilgesellschaft des Landes zunehmend Besorgnis breit. Wie jetzt bekannt wurde, hatte der Staatschef noch vor den Wahlen ein restriktives Gesetz unterschrieben, das den Aktionsradius von tausenden Nichtregierungsorganisationen (NGOs) einschränkt.

Aus den Wahlen vom 18. Februar ist Langzeitpräsident Yoweri Museveni als deutlicher Sieger hervorgegangen. Bereits am 30. Jänner hatte er den ‘NGO Act 2016’ mit seiner Unterschrift in Kraft gesetzt. Von Rechtsexperten werden die Formulierungen im ‘NGO Act 2016’ als “schwammig” eingestuft, sie sollen außerdem Missbrauch Tür und Tor öffnen.

In dem Papier steht, dass das Gesetz ein “förderliches Umfeld” für den NGO-Sektor schaffen will. Darüber hinaus soll die “Fähigkeit von NGOs und die auf Gegenseitigkeit beruhende Partnerschaft mit der Regierung gestärkt und unterstützt werden.”

Vertreter von ugandischen Nichtregierungsorganisationen beurteilen die Situation freilich ganz anders. Adrian Juuko, Geschäftsführer der NGO Human Rights Awareness and Promotion Forum (HRAPF), sagt, dass Aktivisten wegen einzelnen Regelungen sehr beunruhigt seien. So könne die Arbeit von geschätzten 11.000 NGOs im Land untersagt werden, wenn diese gegen “die Interessen von Uganda” oder “die Würde von Ugandern” sei.

Juuko stößt sich vor allem am Begriff “Würde”. “Die Verwendung des Begriffs gefährdet Organisationen, die sich mit LGBTI-Rechten – also dem Schutz von Homo- Bi-, Trans- und Intersexuellen – beschäftigen”, sagt Juuko. Er betont, dass diese Klausel suggeriere, dass Uganda “eher seine Würde behalten wolle als Homosexualität zu akzeptieren.” Juuko befürchtet, dass der Abschnitt das im Jahr 2014 gekippte Anti-Homosexuellen-Gesetz durch die Hintertür einführen wolle.

Verfahrensfehler bringt Anti-Schwulen-Gesetz zu Fall

Das drakonische Anti-Homosexuellen-Gesetz war am 20. Dezember 2013 vom ugandischen Parlament verabschiedet worden. Schwule sollten demnach mit lebenslangem Freiheitsentzug bestraft werden. In der ursprünglichen Version war sogar die Todesstrafe vorgesehen.

Das Gesetz wurde am 24. Februar 2014 von Yoweri Museveni unterschrieben. Sechs Monate später wurde es allerdings vom Verfassungsgerichtshof wegen einer unzureichenden Stimmenanzahl beim Parlamentsbeschluss für “null und nichtig” erklärt.

Nach Angaben von HRAPF gab es im Jahr 2014 89 Fälle von Gewalt gegenüber Personen aus dem LGBTI-Umfeld. Und die Angriffe und Diskriminierungen würden weiter anhalten, so die Organisation.

Das neue NGO-Gesetz sieht bei Gesetzesverstößen Gefängnisstrafen von bis zu drei Jahren und/oder empfindliche Geldstrafen vor. Musevenis Zustimmung zum Gesetz wird als Signal gewertet, dass NGOs in der fünften Amtsperiode des Langzeitpräsidenten “harte Zeiten” bevorstehen.

So meint etwa Nicholas Opiyo, Direktor der Bürgerrechtsgruppe Chapter Four, dass das Gesetz ein “Nebenprodukt der prolongierten Machtdauer sei, die zu Paranoia und Abscheu Kritikern gegenüber geführt hat.” Er ergänzt, dass das Gesetz den NGO-Sektor fälschlicherweise als Sicherheitsbedrohung darstellen würde.

“Die Verabschiedung dieser mangelhaften Gesetzesvorlage hätte zu gar keinem schlechteren Zeitpunkt kommen können”, bedauert Asia Russell, Geschäftsführerin der Organisation Health Global Access Project. “Drohungen, Schikanen und Einschüchterungsversuche gegen die Zivilgesellschaft, Medien und die Opposition nehmen in Uganda zu. Nach den rundum kritisierten Wahlen gießt Präsident Museveni nun weiter Öl ins Feuer.”

Die Aktivisten wollen nun wie beim Anti-Homosexuellen-Gesetz vor Gericht ziehen. “Sollte die Regierung die problematischen Bestimmungen zu exekutieren versuchen, werden wir ihre Gesetzmäßigkeit vor dem Verfassungsgericht herausfordern”, sagt Anthony Masaka, Programmassistent bei Chapter Four. Die Regierung selbst war gegenüber IPS zu keiner Stellungnahme bereit.

Fragwürdiger Wahlerfolg

Museveni, der das ostafrikanische Land bereits seit 30 Jahren regiert, ist bei den Präsidentschaftswahlen vom 18. Februar mit 60,62 Prozent der Stimmen als deutlicher Sieger hervorgegangen. Herausforderer Kizza Besigye, der Museveni zum vierten Mal unterlag, kam auf 35,61 Prozent.

Besigye wurde am Wahltag verhaftet und steht nach wie vor unter Hausarrest. Er appelliert an die internationale Gemeinschaft, das Wahlergebnis nicht anzuerkennen. Der frühere Premierminister Amama Mbabazi, der mit nur 1,39% der Stimmen den dritten Rang belegt hatte, versucht das Wahlresultat vor Gericht anzufechten.

Beobachter der EU kritisierten die fehlende Transparenz und die mangelnde Unabhängigkeit der Wahlkommission. Die EU-Wahlbeobachtungsmission wurde vom früheren slowakischen Außenminister und nunmehrigen Mitglied des Europäischen Parlaments, Eduard Kukan, angeführt.

Zu einem ähnlichen Urteil kamen die Wahlbeobachter des Commonwealth unter der Leitung des ehemaligen Präsidenten von Nigeria, Olusegun Obasanjo. Dieser bemängelt, dass bei der Auslieferung es der Stimmzettel eine Verzögerung von bis zu sechs Stunden gegeben hätte: “Das ist absolut unverzeihlich und fördert nicht gerade das Vertrauen in das System und den Prozess.”

Stimmen von fast 1.700 Wahllokalen ausgeschlossen

“Niemand glaubt ernsthaft, dass das verkündete Ergebnis wirklich dem Willen des Volkes entspricht”, sagt Dr. Livingstone Sewanyana, Vorsitzender des ‘Citizens Election Observers Network Uganda'(CEON-U).

Für Unmut sorgt u. a. die Tatsache, dass am 20. Februar die Stimmen von 1.787 Wahllokalen ohne Begründung von der Zählung ausgeschlossen wurden. Diese Wahllokale befanden sich vor allem in Hochburgen der Opposition und betrafen mit mehr als einer Million Personen fast sieben Prozent aller Stimmberechtigten. Der Leiter der Wahlbehörde Badru Kiggundu weist die Bedenken zurück und betont, dass Kritik an Wahlergebnissen “nicht unüblich”sei.

Regierungssprecher Colonel Shaban Bantariza ergänzt, dass Museveni gewonnen hat, weil etliche Faktoren berechtigterweise für ihn gesprochen haben. “Die Chancen, ihn zu schlagen, sind sehr gering”, meint Bantariza. Die Kritik des Chefs der EU-Wahlbeobachtungsmission nimmt er gelassen. Dieser habe verabsäumt, genügend Wahllokale zu besichtigen. Nun würde er eben “schmollen”. (afr/IPS)

Amy Fallon