Südafrika: Engagierte Regisseurinnen vor den Vorhang

Johannesburg (IPS). Im The Bioscope im angesagten Stadtteil Maboneng in Johannesburg fand am 28. und 29. Oktober 2016 das erste Frauenfilmfestival des Kontinents statt. Beim HER AFRICA Film Festival standen Produktionen von Filmemacherinnen aus verschiedenen Ländern des Kontinents und der afrikanischen Diaspora im Fokus.

Veranstaltet wurde das Festival von The International Association of Women in Radio & Television (IAWRT). Die Vereinigung zählt mehr als 500 Mitglieder aus über 50 Ländern. “Viele Frauen sind mit ähnlichen Problemen konfrontiert, wenn sie ihre Geschichten erzählen wollen”, meint Sara Chitambo, Leiterin der südafrikanischen Sektion der IAWRT. “Es ist sehr wichtig für die Teilnehmerinnen, dass sie sich austauschen und nachher vielleicht sogar zusammenarbeiten können.”

Laut Angaben des Women’s Media Center (WMC) mit Sitz in New York sind Frauen in der Filmwelt immer noch stark in der Minderheit. Das WMC untersuchte die 250 in den USA profitabelsten Filme des Jahres 2014. Das Ergebnis fiel ernüchternd aus: 83 Prozent der Regisseure, der ausführenden Produzenten, Autoren, Kameraleute und Redakteure waren Männer.

Die Teilnehmerinnen beim ‘HER AFRICA Film Festival’ beklagten, dass die männliche Dominanz im Kino zunehmend in Form von stereotypen Frauenbildern sichtbar werde. Es gebe nur wenige Geschichten, die sich mit den echten weiblichen Schicksalen auseinandersetzen würden.

Stereotype Frauenbilder

Die US-Amerikanerin Nefertite Nguvu ist die Regisseurin des Festival-Hauptfilms ‘In the Morning’. “Wenn schwarze Frauen so wären, wie sie im Fernsehen dargestellt werden, würde ich in einer Welt voller Ärger leben”, sagt Nguvu. Sie habe es satt, dass Schwarze in Filmen immer in Konflikte verwickelt wären. Für ‘In the Morning’ porträtiere sie daher gewöhnliche schwarze Menschen in Brooklyn.

Nefertite Nguvu ist die Regisseurin von 'In the Morning' - dem Hauptfilm des Festivals in Johannesburg (Bild: Mark Olalde/IPS)

Nefertite Nguvu ist die Regisseurin von ‘In the Morning’ – dem Hauptfilm des Festivals in Johannesburg (Bild: Mark Olalde/IPS)

Nguvu hat ihren Film in nur acht Tagen und mit einem Budget von weniger als 100.000 US-Dollar realisiert. 27.000 US-Dollar trieb sie im Zuge einer Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform Kickstarter auf. Im nächsten Frühjahr soll der Spielfilm mit Unterstützung eines unabhängigen Vertriebs in die US-Kinos kommen.

“Festivals, die sich um Frauen und Arbeiten der afrikanischen Diaspora kümmern, sind für eine Filmemacherin wie mich ungemein wichtig”, sagt Nguvu. “Es gibt kaum Mainstream-Filmfestivals, die meine Arbeit ins Programm nehmen.”

Breite Themenpalette

Zum ‘HER Africa Film Festival’ haben mehr als 40 Filmemacherinnen aus 13 Ländern ihre Arbeiten eingereicht. Rund ein Dutzend der Produktionen wurden für das Programm ausgewählt. “Auf der ganzen Welt gibt es erstaunliche Geschichtenerzählerinnen”, meint Sara Chitambo, “aber es scheint keinen Ort zu geben, wo ihre Arbeit gewürdigt wird.”

Nach Angaben von Chitambo kamen die meisten Einreichungen aus Afrika, gefolgt von den USA und Großbritannien. Viele der afrikanischen Beiträge waren dem Unterhaltungsgenre zuzuordnen, wie z. B. Musikvideos. Andere wiederum erzählten vom täglichen Kampf um Notwendigkeiten des Alltags, wie etwa dem Zugang zur Gesundheitsversorgung.

Im Gegensatz dazu waren die Filme aus der afrikanischen Diaspora oft von abstrakten Erzählungen umrahmt. So versuchten Filmemacherinnen ihrer Sehnsucht nach einem Kontinent Ausdruck zu verleihen, auf dem sie noch nie gelebt haben.

Zum Festival zugelassen wurden aber auch Filme, die sich mit in Afrika marginalisierten Gesellschaftsschichten auseinandersetzen. So stellte Jennifer Shinta Ayebazibwe, Co-Produzentin der lesbischen Gruppierung Straightup Media, die Web-TV-Serie mit dem Titel ‘Pink Shorts’ vor. “Es gibt nicht viele queere Filme in Afrika”, beklagt sie. “Es ist daher fantastisch, dass wir hier diese große Unterstützung und Ermutigung erfahren.“ (Ende)

Mark Olalde