Südafrika: Unternehmen fordern Importverbot für Hühnerfleisch

Mpumalanga (IPS/afr). In den USA und in Europa wird vom Huhn vor allem das Brustfleisch verzehrt. Die Keulen landen zunehmend in afrikanischen Ländern und schaden dort der heimischen Geflügelindustrie. Der Manager eines südafrikanischen Familienunternehmens ruft nun zum Importstopp auf.

Luc Smalle ist Manager bei Rossgro. Die Agrarfirma mit Stammsitz in Delmas in der südafrikanischen Provinz Mpumalanga wurde im Jahr 1964 gegründet und bezeichnet sich selbst als mittelgroßes Familienunternehmen. Derzeit baut Rossgro 3.000 Hektar Mais und 1.000 Hektar Soja an, die zu Futter für 1.500 Rinder und Millionen von Hühnern vermahlen werden.

Das Geflügelgeschäft bereitet Luce Smalle allerdings zunehmend Sorgen. Unternehmen aus dem USA und aus Europa würden immer stärker mit Hühnerfleisch in den Markt drängen und die ortsansässige Industrie bedrohen.

Diese Entwicklung hat viel mit den veränderten Essgewohnheiten in den reichen Ländern zu tun. Dort wird vor allem das weiße und fettarme Brustfleisch konsumiert, das sich auch als Diätkost eignet. Weniger Nachfrage besteht allerdings nach den dunkleren Hühnerkeulen, die einen höheren Fettgehalt aufweisen. Daher werden diese Geflügelteile großteils in andere Absatzmärkte exportiert.

 

Putin verbietet Hühnerimporte aus den USA

Der Manager erinnert daran, dass Russland ein traditioneller Abnehmer von dunklem Hühnerfleisch war. Allein im Jahr 2009 hat Russland 800 Milliarden Dollar für den Import von 726 Millionen Tonnen Hühnerkeulen aus den USA ausgegeben.

Im Jahr 2014 hat Präsident Wladimir Putin allerdings einen Schlussstrich gezogen und die Einfuhr verboten. Offizieller Grund für diese Entscheidung war, dass die Hühner mit Chlordioxid behandelt worden waren und daher als gesundheitsgefährdend eingestuft wurden. Das Verbot der Chlorhühner ist heute noch aufrecht. Viele Beobachter meinen, dass es dabei aber eher um Wirtschaftspolitik gehe als um die öffentliche Gesundheit.

Laut Smalle hat der russische Importstopp “Amerika und Europa dazu veranlasst, nach alternativen Märkten zu suchen, um dunkles Fleisch zu entsorgen.” Er plädiert dafür, dass sich afrikanische Länder zusammenschließen, die Importe zu verhindern. Das könnte z. B. durch die Einführung entsprechend hoher Zölle geschehen.

 

Verzerrter Wettbewerb durch Agrarsubventionen

Smalle ist überzeugt, dass die gegenwärtige Situation der Wettbewerbsfähigkeit der afrikanischen Geflügelindustrie schadet. Die Aufzuchtkosten für ein Huhn lägen in Afrika weitaus höher als in den reichen Staaten, so Smalle. Afrikanische Landwirte seien auf teure Bankkredite angewiesen, während die Bauern in Europa und in den USA von ihren Regierungen subventioniert werden würden.

“Wenn wir nicht dagegen tun, um den Trend umzukehren, wird die gesamte Geflügelindustrie in Afrika zugrunde gehen”, meint Smalle. Er verweist auf Statistiken aus der südafrikanischen Geflügelindustrie, die besagen, dass bereits ein Drittel der Arbeiter ihre Jobs verloren hat, weil heimische Betriebe aus dem Markt verdrängt worden sind.

Der Africa Competitiveness Report 2017, der gemeinsam von der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB), Weltbank und dem World Economic Forum (WEF) herausgegeben wurde, stützt die Argumentation von Luc Smalle. Der Bericht warnt davor, dass die afrikanischen Volkswirtschaften nicht genügend Arbeitsplätze für junge Menschen schaffen würden.

 

Politische Reformen dringend notwendig

In den nächsten 20 Jahren werden in afrikanischen Ländern 450 Millionen neue Arbeitsplätze benötigt. Wenn sich die Politik allerdings nicht verändert, werden allerdings nur 100 Millionen neue Jobs geschaffen werde. Der Bericht drängt auf politische Reformen.

“Um den Erwartungen ihrer wachsenden jugendlichen Bevölkerung gerecht zu werden, sind die afrikanischen Regierungen gut beraten, politische Maßnahmen zu verabschieden, die das Produktivitätsniveau und das Geschäftsumfeld für Handel und Investitionen verbessern”, sagt Klaus Tilmes, Direktor der Weltbank-Abteilung Trade & Competitiveness Global Practice.

Afrika brauche starke Volkswirtschaften, um Arbeitsplätze zu schaffen und so von der demografischen Dividende zu profitieren. Die Weltbank-Gruppe unterstütze den Regierungen und den privaten Sektor in afrikanischen Ländern bei der Umsetzung der notwendigen Schritte, so Tilmes.

Zu diesen Maßnahmen zählen die Stärkung relevanter Institutionen, die unter Experten als Voraussetzung für eine rasche und effektive Umsetzung politischer Entscheidungen gelten. Außerdem muss die Infrastruktur verbessert werden, um ein höheres Wachstum des Handels- und Geschäftsvolumens zu ermöglichen. Schlussendlich sollen auch neue Technologien stärker als bisher angenommen werden, um die Wertschöpfung zu steigern und die Wirtschaft zu diversifizieren.

Richard Samans, Vorstandsmitglied des World Economic Forum in Genf, tritt außerdem für eine Beseitigung der Hürden ein, die Afrika daran hindern, sein Potenzial für eine höhere Wettbewerbsfähigkeit voll zu entfalten. Es sei dies der “erste Schritt, der erforderlich ist, um nachhaltigeren wirtschaftlichen Fortschritt und gemeinsamen Wohlstand zu erreichen.” (Ende)

Friday Phiri